Freitag, 20. März 2009

ITB 2009: Einmal Berlin und zurück!

Die Internationale Tourismus Börse 2009 in Berlin (ITB, 11.3.-15.3.09), eine gigantische Messe, weltweit wohl die bedeutendste derzeit was den Tourismus anbelangt, die wollte ich mal besuchen. 25 Hallen, viele viele Aussteller.
Mich interessierte, wie werden sich z.B. Griechenland, Spanien, Türkei, Rumänien, Bulgarien, Venezuela, Georgien und Armenien präsentieren. Und was gibt es von Mainz da zu sehen?
Und außerdem, nach fast 40 Jahren war es schon mal wieder Zeit, Berlin einen Besuch abzustatten ;-)

Also, ein gewaltiger Sprung quer durch Deutschland und ein richtiger Luftwechsel!

Die Eintrittspreise für die ITB lagen an den Fachbesuchertagen bei 28 Euro, an den beiden Tagen für die Normalos/Touris bei jeweils 14 Euro.
Soviel schon mal vorab: nach meinen Erfahrungen kann ich niemandem raten, da noch am letzten Tag, dem Sonntag, hinzugehen. Da sind viele Plätze und Stände bereits unter- bis unbesetzt, ab 15 Uhr wird schon an vielen Ständen damit begonnen, abzubauen.

Also, am Freitag den 13. früh morgens los, 5:11 ab Mainz, über Frankfurt und Hannover mit dem ICE nach Berlin, Ankunft Berlin Hbf fast genau fünf Stunden später!

Schon bei der Ankunft in Berlin traf ich mitten im supermodernen Hauptbahnhof mit Schienen auf mehreren Ebenen auf einen Stand von Griechenland, eingerichtet von der Griechischen Zentrale für Fremdenverkehr in Deutschland!

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Auf der Messe war Griechenland natürlich auch vertreten. :-)
Im Jahr 2008 war - wieder mal - ein neues Griechenland-Logo für viel Geld kreiert worden und prangte nun auf allen Plakaten und Broschüren. Ich habe da was von einem Preis von 2,2 Millionen Euro für das Design dieser Werbekampagne gehört.

Im Internet kann man einige kritische Anmerkungen zum Thema Logo und Marketingkampagne finden.
Oder in einem Beitrag bei Wikipedia:
"The new logo of the Greek National Tourism Organisation consists of nine circles symbolizing the nine new kinds of tourism which should be promoted in order to combat the tourism sector's seasonality.
The new logo's slogan is "Greece, the true experience", which shows that the marketing campaign is nowadays directed towards experience seekers and not towards mass tourism. The drawback of the new logo is that at a first glance it cannot be associated to Greece.

Tja, die Griechen lieben ja die Katzen und mein Eindruck war halt auch, daß dieses Logo für die Katz' ist! :-(

Die Halle 2.2 auf dem Messegelände war weitgehend von Griechenland belegt. DIe großen Inseln hatten große Stände, die kleinen Inseln kleine, klar!

Der ein oder andere wird ja vielleicht wissen, daß ich gerne auf der griechischen Insel Samos weile und so war ich auch auf die Präsentation und den Stand von Samos gespannt. Auch Samos hatte, wie jede der kleineren oder kleinen Inseln, einen kleinen Stand.

Hier mal einige Bilder - mit meiner Schnappschußkamera aufgenommen - vom Geschehen in der Griechenland-Halle und dem Stand von Samos-Ikaria-Fourni.
Das erste Bild hier zeigt gleich eines der riesigen Poster, welche das typische Griechenland-Erlebnis vermitteln sollen! "Ein echtes Erlebnis", oder etwa nicht?

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Mitarbeiter der Präfektur von Samos vertraten dort die drei Inseln Samos, Ikaria und Fourni. Die Vorbereitung des Messestandes und die mitgegebene Ausstattung und die Rahmenbedingungen waren m.E. eher erschütternd.
Z.B. bestand das gesamte Demo-Angebot an originären Samos-Produkten aus zwei kleinen Flaschen süßen Samos-Weins! Zum Anschauen, nicht zum Verkosten! Sonst gab es wirklich nur bedrucktes Papier!
Auf dem Flachbildschirm lief ständig ein Video von Kreta! Über Samos, Ikaria-oder Fourni gab es da nicht zu sehen!

Aber dank Internet ist das ja - außerhalb des Messegeländes - heutzutage wirklich kein Problem mehr!
Also, wenn sie wissen wollen, wie schön Samos ist, vielleicht schauen Sie mal hier! Und bitte vergessen sie nicht, auf den HQ-Knopf zu klicken, dann sieht das wirklich gut aus, auch bei YouTube!

Die Mitarbeiter am Samos-Stand jedenfalls taten ihr Bestes, um den zahlreichen Interessierten die gewünschten Infos zu den drei Inseln zu geben.

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Die Darstellung von Griechenland als Land hat mich insge- samt sehr enttäuscht.
Riesige Werbeflächen mit Statussymbolen wie Motorjachten und schönen jungen Menschen in teurer Abendgarderobe.
Damit kann ich auch für eine Jacht, eine Biermarke oder einen Cognac werben!

Der grosse Showact bei Griechenland war am Samstag gegen 12:45 der "Sexiest Artist in a Video", der Sänger
Sakis Rouvas
der in diesem Jahr Griechenland wieder beim Grand Prix d'Eurovision (Eurovison Song Contest) vertreten wird. Außerdem ist er der gegenwärtige Botschafter für den griechischen Tourismus.

Großer Krach aus Lautsprecherboxen, viel Security, wichtige Leute auf der Bühne! T-Shirts wurden vor Sakis' Auftritt in die Menge geworfen und dann war - irgendwo hinter all den hochgehaltenen Handys, Fotoapparaten und Videocams - auch der Sänger auf der improvisierten Bühne am werkeln.

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Also, das war nicht so mein Ding! Aber abgezappelt und abgehopst hat er sich heftig beim Semi-Playback bei den 4 dargebotenen Liedern! Die Faszination für diesen Sänger scheint eindeutig geschlechts- und altersabhängig zu sein. Er tut ja auch einiges für seine Imagebildung.

Andere haben dieses Event ganz anders gesehen. Hier ein paar Links:
Sakis Rouvas @ ITB Berlin 1
Sakis Rouvas @ ITB Berlin 2
Sakis Wows the ITB Berlin "The whole exhibition paralyzed, as everyone wanted to see Sakis Rouvas," commented the Tourism Minister."

Der Herr Minister hat anscheinend hauptsächlich die Halle 2.2 wahrgenommen !!!!

Mehr zum Hören und Mitmachen gab es an allen Tagen an einer andren Stelle zwischen den Ständen von einer Musikgruppe und Tänzern aus Kreta. Die schicken Griechenland-Erlebnis-Leute auf dem Poster passten da nicht dazu, sie blieben auf ihrer Jacht und schauten etwas distanziert diesem doch schweißtreibenden Tanzen und Musizieren zu:

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Was gab es sonst noch? Jede Menge, waren ja insgesamt 25 Hallen voller Tourismus-Angebote!

Der geografische Nachbar Türkei hatte eine ganze Halle für sich und ein ganz anderes Konzept.
U.A. wurden auf einer großen Bühne zwischen 11 Uhr und 16 Uhr mehrere Showblöcke mit tollen Auftritten geboten.
Am Samstag und Sonntag mehrmals mit Mitgliedern der hervorragenden Tanzgruppe "Feuer von Anatolien".
Die waren so gut, die Show habe ich mir gleich dreimal angeschaut! Das Bild ist etwas unscharf, aber dafür gibt es gleich zwei Videoclips weiter unten!

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Allerdings hat die Türkei mit ihrem Show-Lärm schon das Angebot des ein oder anderen Standes in der Nähe, z.B. von Bulgarien, Armenien, Georgien, ziemlich gestört!
Eine Unterhaltung zur Informationsbeschaffung an den anderen Ständen während einer der laufenden Shows auf dem türkischen Stand war dann nur schwer möglich.

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Am Stand von Georgien sah ich eine mehrteilige Doku- mentation über die wunderschönen und vielfältigen Landschaften von Georgien (Sakartvelo), die von einem polnischen Fernsehteam in Zusammenarbeit mit Georgiern produziert wurde. Vielleicht findet das auch mal den Weg in deutsche Sendeanstalten!

Bulgarien bot auch folkloristische Tanzdarbietungen:

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Hier eine der Tänzerinnen, die sich freundlicherweise nach der Tanzshow für ein Foto vor das Plakat von Bulgarien stellte :

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Interessant war für mich der Stand von Rumänien. Die hatten m.E. gut gemachte Poster mit Slogans wie: "weniger Luxus ...., mehr Abenteuer", "weniger bekannt.., mehr Individualität" oder "weniger Alltag..., mehr Romantik":

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Und dazu gab es auch einiges an rumänischer Folklore:

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Die schöne Stadt Brasov/Kronstadt in Transilvanien/ Siebenbürgen, die ich selbst schon mal besuchte, warb mit einem neuen farbenfrohen Marketingkonzept:

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Wer kann einer solch charmant vorgetragenen Werbe- kampagne schon widerstehen? :-)

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Einige Videoclips von den Geschehnissen an den Ausstellungsständen von Rumänien, Slowakien, Griechenland und der Türkei habe ich mit meiner Schnappschußkamera aufgenommen, sie sind alle hier zu sehen.

Ja, und was gab es zu Mainz und dem RheinMain-Gebiet. Mainz war mehrmals auf Ständen vertreten. In Berlin erfuhr ich über eine der romantischen Städte, Entschuldigung, das muß natürlich "romanticCities" heißen ("Verwöhnen Sie sich mit Romantik pur und Tagen voller Sinnlichkeit."), also über Mainz, daß es als Vertreter von Deutschland und der Region Rheinhessen zu den "Great Wine Capitals (GWC)" gehört. Meine Frage: "was heißt das bitte auf deutsch?" wurde abschlägig beschieden. Leider gibt es dafür keine deutsche Übersetzung. Klingt aber auch so gut! Besser als: "Große Wein-Hauptstadt" oder "Grosses Weinkapital".

Die Ernennung von Mainz zu einer "Great Wine Capital" erfolgte im Mai 2008. Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel sagte damals: "Rheinhessische Weine werden künftig in einem Atemzug genannt werden mit Namen wie Rioja, Bordeaux, Toskana oder Napa Valley." Na, auch die Buddhisten haben ja schon immer betont, daß die Konzentration auf den Atem wichtig ist. Bitte kräftig durchatmen! ;-)

Übrigens: "Romantik" kann man auf der Seite der RomanticCities auch "downloaden"! Wie lange wird es wohl noch dauern, bis die Deutsche Bundesbahn mit RomanticIntercities die Anfahrt per "EasyRomanticAccess" zu den RomanticCities in Rhineland-palatinate supported? Be sure to save money with a RomanticCard!

Nur dumm, daß die Romantische Strasse mit der Pfalz nichts am Hut hat. Und in Rumänien wirbt man auch mit: weniger Alltag ..., mehr Romantik! Hier geht es zum "Romantic Romania". Oder lieber so was: The Dracula Trail – Romantic Romania?

"Wenn die Trauben prall und schwer an den Reben hängen, entfaltet die Stadt am Rhein ihren ganzen Charme mit unzähligen Weinfesten und einer lebendigen Gastronomie in urigen Gutsschänken."
"....... romantische Städte mit großer Geschichte, geprägt von der Nähe zu den verwunschenen Flussläufen von Rhein und Mosel, von sagenumwobenen Schlössern und Burgen, mächtigen Domen und Kirchen, verwinkelten Altstädten und modernen Shoppingmeilen, verlockenden kulinarischen Spezialitäten und weltberühmten Weinen. Prickelnde Momente garantiert ... !"
Warum bitte sollen die Flußläufe verwunschen sein? Oder ist das die verwinkelte Tarnbezeichnung für verdreckt, schadstoffbelastet?

Mit diesen Aussagen kann man m.E. ein abendfüllendes Satire-Programm im Mainzer Unterhaus durchziehen! Also, wer fühlt sich denn von diesem Marketing-Brabbelbabbel angezogen? Romantiker? Wie wär es denn mit "verwunschenen Shoppingmeilen, sagenumwobenen Weinen, prickelnden Kirchen, verwinkeltem Denken, mächtigem Tourismusmarketing und modernen Altstädten". Oder: "die sagenumwobenen Shoppingmeilen im verwinkelten modernen Mainz am verwunschenen Rhein?" Da lachen ja die Hühner! Auf jeden Fall "ein Gefühl, das unter die Haut geht!" ;-)

Und bitte nicht vergessen: es gibt auch noch das „Great Wine Capitals Global Network“, "a world of excellence"welches internationale Stipendien auslobt! "Ziel der Maßnahme ist die Unterstützung ausgezeichneter und innovativer Ansätze im Bereich der akademischen Forschung im Umfeld des Weintourismus innerhalb der Mitgliedstädte. Hierzu zählen die Verbreitung des Great Wine Capitals Gedankens innerhalb der wissenschaftlichen und akademischen Gemeinschaft sowie die Verbesserung von Forschung, Entwicklung und Weiterbildung in Bereichen, die für die Ziele der Great Wine Capitals von Bedeutung sind.“

Und dann gibt es auch noch den "Best of Wine Tourism Award 2009 des Great Wine Capitals Network Mainz & Rheinhessen" Sieben auf einen Streich!

Mein Gott, die Englischkurse der Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz müssen voll von rheinhessischen Winzern sein!

Ansonsten, als eine Spezialität für Touristen, die nach Mainz kommen, wird in einem Prospekt der Stadt Mainz auch das "berühmte" Mainzer Marktfrühstück (warme Fleischwurst mit Weck und Senf!) beworben! Muß ja eigentlich nun "Romantic Mainz Market Breakfast" heißen. Ich kann den Erlebnischarakter bestätigen, gerade gestern bin ich mit der rechten Hand voll im Senf auf der Papierunterlage hängengeblieben. Der RomanticButcher, vor dessen RomanticMarketBooth ich stand, hat mir genug Servietten gegeben, um wieder klar zu kommen. "Yes, we can!"

Das Gute ist doch, daß trotz dieser Art des Tourismus-Marketing viele Besucher gerne zu uns in das schöne Mainz kommen!

Die historisch ersten Weinanbaugebiete lagen in Georgien und Armenien. Diese Länder sind aber in diesem "erlauchten" Kreis der "Great Wine Capitals" nicht mit Städten und Weinanbauregionen vertreten. Also, hier keimt ein Verdacht auf, was hat dieser "erlauchte bzw. erlesene Kreis" primär mit Wein zu tun?

Egal, während ich das hier - am Computer in der "Great Wine Capital" Mainz sitzend - schreibe, trinke ich einen 2005er Tsinandali Weißwein aus Georgien. Und wahrscheinlich trinkt gerade irgendwo in Georgien oder Armenien jemand Rheinhessenwein (RhineHessiaWine, RHW)! Lol!

Spanien hatte m.E. einen komischen Stand, Plastikanmutung, in fast sterilem Weiß gehalten. Kann mich garnicht entsinnen, Spanien jemals so erlebt zu haben! Und dazu wurde per Slogan das Evangelium verkündet: "Freu Dich, Du bist in Spanien!" Da steckt wohl ein ganz helles Evangelisten-Köpfchen dahinter!

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In einer anderen kleinen Halle hatten die Baleareninseln ihren gemeinsamen Stand. Der war m.E. wirklich ansprechend und gut gemacht, tolle Fotos auf geschwungenen Flächen und mehrere große Video-Displays!

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Die 3 Tage in Berlin gingen schnell vorbei, die Messe war anstrengend, das Wetter war beständig schlecht, insofern war abends bei mir wenig Motivation zum Erkunden von Berlin gegeben! Mal schnell mit der U-Bahn vom Fehrbelliner Platz zum Nollendorfplatz und dort im Nieselregen an den vielen Strassencafés, Kneipen und multikulturellen Restaurants der Motzstraße, Maaßenstraße oder Nollendorfstraße vorbeigelaufen. Bei schönem Wetter ist das bestimmt toll dort!

Am Sonntag Nachmittag gegen viertel nach 5 stand ich dann wieder außerhalb des Messegeländes in der frischen Luft, schwer beladen mit vielen Eindrücken und Prospektmaterial. Dank der schnellen Zugfolge bei der S-Bahn war ich bald darauf im Hauptbahnhof.
Beim Aussteigen aus der S-Bahn im Hauptbahnhof wurde ich schon fast überfallartig von Jugendlichen gefragt: "können Sie mir bitte ihr Tagesticket überlassen, wenn sie es nicht mehr brauchen?"

Um 18:05 dann ganz unromantisch mit einem proppevoll besetzten ICE Sprinter mit nur einem Zwischenstopp in Berlin-Spandau los nach Frankfurt, und 4 Stunden und 20 Minuten später war ich wieder in Mainz.

In der Nachbereitung der ITB bin ich auch auf die Seite der Cologne Business School (CBS) im Internet gestoßen:
"CBS und Messe Berlin feiern die besten Aussteller der ITB". Bei der Vergabe des "9. Best Exhibitor Award" für den Bereich Europa stehen da an zweiter Stelle als Gewinner Rumänien und an dritter Stelle die Türkei!
Und was Deutschland anbelangt, so schaffte es Rheinland-Pfalz von Null auf den Platz 2, hinter Sachsen und vor Mecklenburg-Vorpommern!
Hier die Gesamtliste der Gewinner!